© stock.adobe.com/ Benedikt Altschuh / actionpixel.de Wieviel Treibhausgas steckt in einer Windkraftanlage?
Gegen Windräder lässt sich vorzüglich wettern. Mal ist es angeblicher Infraschall, der Kritiker auf den Plan ruft. Mal ist es herbeifabulierte Wettermanipulation. Und immer wieder ist es auch das Treibhausgas SF6, was als Argument gegen den Ausbau der Windkraft herhalten muss. Was ist dran?
Schwefelhexafluorid, kurz SF6, ist ein Gas, das beispielsweise in Schaltanlagen zum Einsatz kommt. Es verhindert, einfach gesagt, dass Strom außer Kontrolle gerät. Das Gas wirkt als Isolator. Doch es ist immer mal wieder in der Kritik. Weil SF6 auch in Windkraftanlagen steckt, ist diese regenerative Energie in Verdacht geraten. Schaden damit Windräder mehr, als das sie nutzen?
Was ist SF6?
Zunächst einmal ist Schwefelhexafluorid geruchloses, ungiftiges und ziemlich stabiles Gas. Es reagiert sehr träge, löst sich nicht in Wasser und lässt sich auch nicht anzünden. Diese Stabilität bedeutet aber auch, dass sich das Gas nur sehr langsam in der Natur abbaut. Die Halbwertszeit liegt bei 3000 Jahren. Obendrein ist SF6 schwerer als Luft und kann damit wie eine Flüssigkeit von einem Behälter in einen anderen gefüllt werden.
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Wo kommt das Gas SF6 außer in Windrädern noch zum Einsatz?
Diese Eigenschaften machen SF6 quasi zu einem idealen Schutzgas. Man benutzt es in verschiedenen elektrischen Bauteilen. Es sichert Umspannwerke genauso wie Windturbinen. Das ist aber nicht die einzige Verwendung. Es dient ebenso dazu, Magnesiumschmelzen von der Umgebungsluft zu trennen. Auch in der Medizin, in der Augenheilkunde und als Ultraschallkontrastmittel ist es zu finden. Früher benutzte man es sogar in Schallschutzfenstern, Autoreifen und Sportschuhsohlen.
Welche Klimawirkung hat das SF6 in Windkraftanlagen?
Von einigen Verwendungen ist man mittlerweile bereits abgerückt. In Fenstern kommt SF6 beispielsweise seit 2007 nicht mehr zum Einsatz. Dennoch findet es sich noch in älteren Fenstern. Der große Vorteil ist gleichzeitig das Fatale an SF6: die Stabilität. SF6 ist ein äußerst potentes Treibhausgas. Ein Kilogramm SF6 wirkt wie 25.184 Kilogramm CO2. Bei gut 29.000 Windkraftanlagen an Land käme da einiges zusammen. Doch besieht man die Zahlen im großen Ganzen, schrumpft der Effekt. So sind es über den Daumen nur drei Kilogramm SF6 pro Anlage. Es können natürlich auch sieben Kilo sein. Was im Vergleich zu Umspannwerken, die bis zu mehreren Tonnen SF6 verwenden, wenig ist.
Pro Jahr beträgt die Verlustrate ein halbes Prozent. Zudem muss das Gas nach Abbau der Anlage aufgefangen werden. Das heißt, dass selbst bei einem Totalverlust von drei Kilogramm SF6 ein CO2-Äquivalent von 75 Tonnen in die Atmosphäre gelangt. Pro Jahr spart ein Windrad rund 10.000 Tonnen CO2 ein. Das heißt, die Emission von SF6 wäre schnell wieder ausgeglichen.
In welcher Größenordnung gelangt SF6 in die Atmosphäre?
Deutschland hat 2020 135 Tonnen SF6 emittiert. Es war damit für 55,3 Prozent der SF6-Emissionen der Europäischen Union verantwortlich. Allerdings ist der größte Posten SF6 aus Schallschutzfenstern, die bis 2007 verbaut wurden und jetzt nach und nach ersetzt werden. Ohne diese Emissionen aus Schallschutzfenstern liegt der Anteil Deutschlands an den europäischen SF6-Emissionen bei 14,6 Prozent. Das Problem ist die Stabilität: Studien gehen von einem weltweiten Anstieg der atmosphärischen Konzentrationen von SF6 bis 2050 auf 14,3 bis 21,7 ppt aus.
Welche Alternativen gibt es zum Treibhausgas SF6?
Die vergleichsweise geringen Mengen bedeuten freilich nicht, dass SF6 kein Problem darstellt. Und längst gibt es auch Alternativen zu SF6. Schon vor Jahren wurde das Gasgemisch G3 als ökologischere Alternative eingesetzt. Es soll ein um 98 Prozent geringeres Klimaerwärmungspotential als SF6 haben und zudem nach 30 Jahren abgebaut sein.
Auch mit Vakuum-Isolation wird bereits erfolgreich gearbeitet. Vor allem Offshore-Anlagen funktionieren bereits damit. Allerdings braucht das mehr Platz und damit mehr Material. Das heißt, die Kosten steigen.
Kommt ein Verbot des Treibhausgases SF6?
SF6 gehört in die Mottenkiste der Chemikalien, die man nicht mehr in der Atmosphäre haben möchte. Gleichwohl ist der Einsatz von SF6 die letzten Jahre bereits massiv gesunken. Es gibt eine Selbstverpflichtung der Industrie, das Gas zurückzugewinnen. Die EU arbeitet gerade an einer Neufassung der Verordnung über fluorierte Treibhausgase. Dabei könnte ein Verbot von SF6 für Neuanlagen herauskommen.
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